Arbeitsunfall: Was gilt & was muss ich tun als Arbeitnehmer?

Unfall von Pia

Es ist Montagmorgen, Du bist gedanklich noch im Wochenende, mit dem Kopf nicht ganz bei der Sache und zack, passiert’s: Ein Arbeitsunfall kann jeden treffen. Wichtig ist dann zu wissen, was die nächsten Schritte sind, welche Fristen gelten und wer eigentlich wofür zuständig ist. Und wer bezahlt Dich, wenn Du verletzt bist? Hier bekommst Du einen klaren Überblick!

Ein Arbeitsunfall kann in jedem Job passieren: Ein Sanitäter verbindet einem Mann die rechte Hand.


1. Was ist ein Arbeitsunfall und was fällt nicht darunter?

Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn Du Dich durch eine von außen einwirkende Ursache plötzlich während einer versicherten Tätigkeit bei der Arbeit verletzt. Dazu zählen Arbeiten im Betrieb, auf Dienstreisen, bei beruflichen Besorgungen und oft auch Wege zur Arbeit. Rechtsgrundlage dafür ist das Sozialgesetzbuch zur gesetzlichen Unfallversicherung .

1.2 Was ist ein Arbeitsunfall nach SGB VII?

Ein Arbeitsunfall ist nach dem Sozialgesetzbuch ein Unfall mit zeitlich begrenztem Ereignis, das von außen auf Deinen Körper einwirkt und in Ursache-Wirkung mit Deiner betrieblichen Tätigkeit steht.

Dafür müssen 4 Kriterien erfüllt sein:

  • Versicherte Tätigkeit: Du warst im Rahmen Deiner Arbeit unterwegs/aktiv.
  • Unfallereignis: Es ist eine plötzliche, äußere Einwirkung (kein schleichender Prozess).
  • Gesundheitsschaden: Es gibt eine Verletzung oder Beeinträchtigung.
  • Kausalität: Das Ereignis steht wesentlich mit der Tätigkeit in Verbindung.

Achtung! Das ist hingegen kein Arbeitsunfall:

  • Private Tätigkeiten während der Arbeit (z.B. ein privater Umweg zum Bäcker in der Pause).
  • Eigenwirtschaftliche Handlungen ohne Bezug zum Job (z.B. private Besorgungen).
  • Krankheitsereignisse ohne äußere Einwirkung (z.B. ein spontaner Kreislaufkollaps ohne betriebliche Ursache).

Tipp: Für Unfälle im privaten Kontext bist Du nicht gesetzlich versichert! Um Dich auch in der Freizeit zu schützen, könnte eine private Unfallversicherung was für Dich sein.

2. Was zählt als Arbeitsunfall im Homeoffice?

Auch im Homeoffice bist Du über Deine Arbeit versichert! Viele Tätigkeiten sind auch zu Hause gesetzlich unfallversichert, wenn sie eng mit Deinem Job verbunden sind.

Typische Beispiele, die zählen:

  • Sturz auf dem direkten Weg zum Arbeitszimmer, um einen dienstlichen Call zu starten.
  • Schnittverletzung beim Handling von Arbeitsmaterial (z.B. Firmenlaptop auspacken).
  • Unfall beim Gang zum Drucker, wenn Du dienstliche Unterlagen holst.

Was nicht zählt, weil es nicht direkt mit der Arbeit zusammenhängt:

  • Mittagspause im Homeoffice: Der Weg in die Küche, um den Herd anzuschmeißen, ist meist privat und damit kein Arbeitsunfall.
  • Weg zur Toilette: Im Homeoffice ist der in der Regel privat; im Betrieb dagegen ist der Toilettengang typischerweise versichert.
  • Umweg vom Büro ins Homeoffice: Organisatorische Wege können Arbeitszeit sein, aber versicherungsrechtlich kommt es auf den Zweck und die Unmittelbarkeit an. Umwege für private Erledigungen o.ä. sind problematisch.

Entscheidend ist die betriebliche Zielrichtung und der direkte Weg von/zu Arbeitsaktivitäten.

3. Nach einem Arbeitsunfall: Wann muss ich zum Arzt?

Möglichst sofort! Auch wenn die Verletzung harmlos wirkt, geh zeitnah zum (Durchgangs-)Arzt. Das schützt Deine Gesundheit und sichert Beweise für die Berufsgenossenschaft. Häufig gilt in Firmen, dass Du die Verletzung spätestens am Unfalltag oder unmittelbar danach ärztlich abklären lassen musst. Wenn Du später gehst (z.B. erst nach einer Woche) ist das nicht automatisch ein Ausschluss, aber die Beweislage wird dünner und die Berufsgenossenschaft fragt möglicherweise genauer nach dem Unfallgeschehen.

3.1 Zu welchem Arzt muss ich bei einem Arbeitsunfall?

Bei Arbeitsunfällen ist oft der Durchgangsarzt (D‑Arzt) zuständig. Das sind speziell zugelassene Unfallchirurgen, die Deinen Fall für die Berufsgenossenschaft begutachten und die Weiterbehandlung steuern.

Wann sollte man auf jeden Fall einen Durchgangsarzt aufsuchen?

  • Bei schwereren Verletzungen (Knochen, Gelenke, tiefe Wunden)
  • Wenn eine Arbeitsunfähigkeit droht oder die Folgen der Verletzung über den Tag hinaus gehen
  • Wenn Dein Hausarzt Dich an den Durchgangsarzt verweist

Du kannst direkt zu einem Durchgangsarzt gehen; viele Kliniken haben D‑Arzt‑Sprechstunden.

Für die Erstbehandlung kannst Du aber grundsätzlich erstmal zum Hausarzt (und ihn informieren, dass Du einen Arbeitsunfall hattest). Ist Dein Fall komplizierter, führt die Berufsgenossenschaft die Behandlung über den Durchgangsarzt. Für weitere Termine klärt dieser dann, ob Dein Hausarzt/Orthopäde Dich weiterbehandeln kann oder ob Du einen anderen Arzt brauchst.

Tipp: Frag bei Deiner Arbeit nach, Dein Arbeitgeber bzw. HR kennt die richtigen Stellen und Ansprechpartner und kann Dir weiterhelfen!

3.2 Wird bei einem Arbeitsunfall die Krankmeldung an die Berufsgenossenschaft oder die Krankenkasse übergeben?

Bei einem Arbeitsunfall läuft vieles über die Berufsgenossenschaft. Die elektronische Krankmeldung (eAU) geht wie üblich an die Krankenkasse und Dein Arbeitgeber kann sie elektronisch abrufen. Da musst Du Dich selbst also um nichts kümmern.

Darüber hinaus braucht die Berufsgenossenschaft zusätzlich Unfallanzeigen, Behandlungsberichte und ggf. Formulare vom Arzt (z.B. einen Durchgangsarztbericht), die sie direkt vom Arzt bzw. Deinem Arbeitgeber bekommt. Alles, worum Du Dich kümmern musst, ist also, Deinem Arbeitgeber und ggf. dem Hausarzt zu melden, dass Du einen Arbeitsunfall hattest, dann geht alles seinen Gang.

3.3 Wer meldet einen Arbeitsunfall der Berufsgenossenschaft?

Primär macht das der Arbeitgeber. Er muss den Unfall der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse anzeigen, wenn eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen entsteht. Kleinere Unfälle werden intern im Unfallbuch dokumentiert. Vergiss nicht, Dich von Deinem Vorgesetzten bzw. der zuständigen Stelle darin eintragen zu lassen!

4. Der Arbeitsunfall wurde nicht gemeldet: Gibt es eine Strafe?

Wenn ein Arbeitsunfall nicht korrekt gemeldet wird, drohen Bußgelder für den Arbeitgeber und Probleme bei der Leistungsgewährung.

Als Arbeitnehmer drohen Dir zwar keine Strafen, Du solltest Deinen Unfall aber dennoch schriftlich dokumentieren lassen (Datum, Uhrzeit, Unfallhergang, Art der Verletzung, Zeugen) und Deinen Arbeitgeber zur Meldung auffordern. Ohne Meldung gibt's auch kein Geld von der Berufsgenossenschaft.

5. Lohnfortzahlung bei einem Arbeitsunfall: Wie lange erfolgt die Zahlung?

Nach einem Arbeitsunfall, wenn der erste Schock überwunden ist, ist wichtig zu wissen: Wer zahlt mir nun Geld und wie lange? Das kommt darauf an, wie lange Du arbeitsunfähig bist.

    • Dauer: Maximal 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
    • Höhe: Dein volles Gehalt (Regelentgelt), so wie Du es gewohnt bist.
    • Rechtsgrundlage: Entgeltfortzahlungsgesetz [A1] (#_msocom_1) (EntgFG).
    • Wichtig: Diese Zahlung erfolgt unabhängig davon, ob es ein Arbeitsunfall oder eine Krankheit ist.
    • Wann? Sobald die 6 Wochen Entgeltfortzahlung vorbei sind und Du weiterhin arbeitsunfähig bist.
    • Höhe: etwa 80 % des regelmäßigen Bruttoverdienstes, Netto noch etwas weniger (weil Beiträge zur Krankenversicherung abgezogen werden). Praktisch liegt das Verletztengeld etwas unter Deinem Netto, aber meist höher als Krankengeld der Krankenkasse, das Du bekommst, wenn Du keinen Arbeitsunfall hattest.
    • Quelle: Die Berufsgenossenschaft (BG) oder Unfallkasse.
    • Dauer: Bis Du wieder arbeitsfähig bist oder eine andere Leistung (z.B. Rente) greift.
    • Rente der Berufsgenossenschaft (abhängig vom „Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit“, kurz MdE).
    • Zusätzlich können auch Reha-Maßnahmen, Umschulungen oder Hilfsmittel übernommen werden.

6. Nach einem Arbeitsunfall wieder arbeiten und dann wieder krank werden: Was passiert jetzt?

Auch das kann passieren! Du fühlst Dich nach einem Arbeitsunfall endlich besser, steigst wieder in die Arbeit ein – und erkrankst wegen der Unfallfolgen erneut. Was Du dann tun solltest:

  • Die Krankheit unverzüglich wieder ärztlich klären lassen(idealerweise über den Durchgangsarzt)
  • Dokumentieren, dass die erneute Ausfallzeit unfallbedingt ist und nicht mit anderen Gründen zusammenhängt

Ist Deine Wiedererkrankung unfallbedingt, laufen alle Leistungen, die Du dann bekommst, weiter über Berufsgenossenschaft und nicht wie bei einer „normalen“ Krankheit über die Krankenkasse.

Aber darf man trotz Schmerzen wieder arbeiten, wenn man sich ansonsten gesund genug fühlt?
Das darfst Du nur, wenn der Arzt dies freigibt. Zu früh anfangen kann nämlich die Unfallfolgen verschlimmern und das will niemand.

7. Die Berufsgenossenschaft lehnt den Arbeitsunfall ab. Wer zahlt nun?

Der häufigste Grund, dass die Berufsgenossenschaft Deinen Arbeitsunfall nicht anerkennt, ist dass sie keine ausreichende Kausalität zwischen dem Unfall und Deiner beruflichen Tätigkeit sieht, oder das Ereignis als privat bewertet. Typische Ablehnungsgründe sind Unfälle bei außerbetrieblichen Tätigkeiten, ein unklarer Unfallhergang, eine versäumte Meldung oder ein Arztbericht, der den Zusammenhang nicht eindeutig bestätigt.

Du hast in so einem Fall das Recht, Widerspruch gegen den Bescheid der Berufsgenossenschaft einzulegen. Dabei helfen Zeugenaussagen, die den Unfallhergang bestätigen, eine bessere Dokumentation und Behandlungsberichte vom Arzt, die den Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzung klar darstellen.

Tipp: Je besser Du den Unfalltag und das Unfallgeschehen belegst, desto höher die Chance, dass die Berufsgenossenschaft ihre Entscheidung revidiert. Bei komplexen Fällen lohnt sich eine Rechtsberatung oder die Unterstützung durch Deine Rechtsschutzversicherung .

7.1 Und wer zahlt Dir Geld, wenn die Berufsgenossenschaft ablehnt?

In den ersten sechs Wochen übernimmt Dein Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung, genauso wie bei einer „normalen“ Krankheit. Nach Ablauf der sechs Wochen, wenn Du weiterhin arbeitsunfähig bist, zahlt die gesetzliche Krankenkasse Dir Krankengeld. Das liegt in der Regel bei etwa 7090 % des Bruttogehalts. Leistungen der Berufsgenossenschaft wie Verletztengeld, Reha oder Rente entfallen, solange die Ablehnung besteht.

8. Krankheitsbedingte Kündigung nach einem Arbeitsunfall: Ist das erlaubt?

Das Thema ist etwas heikel, denn viele denken: „Nach einem Arbeitsunfall kann ich nicht gekündigt werden.“ Leider stimmt das nicht ganz. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist auch nach einem Arbeitsunfall möglich. Aber nur unter strengen Voraussetzungen!

  • Es muss absehbar sein, dass Du auch langfristig nicht oder nur eingeschränkt arbeiten kannst.
  • Deine Ausfallzeiten müssen den Betrieb spürbar belasten. Und
  • Dein Arbeitgeber muss vorher prüfen, ob mildere Mittel wie Wiedereingliederung oder Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz möglich sind.

Das heißt: Eine Kündigung kann nicht plötzlich passieren, sondern kommt erst ins Spiel, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind.

Was Du tun kannst, wenn Du gekündigt wirst:

  • Rechtsberatung einholen, am besten über den Betriebsrat, eine Rechtsschutzversicherung oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
  • Selber mit der Berufsgenossenschaft sprechen: Oft gibt es Möglichkeiten zur Reha, Umschulung oder Wiedereingliederung, die Deine Chancen auf Weiterbeschäftigung verbessern.

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Pia

Pia ist Texterin im Ratgeber-Team und kümmert sich auch um Webseiteninhalte, Versicherungsdokumente und Nachhaltigkeitsthemen.


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